Digital Lean - Mit dem Crossroads-Modell zu mehr Effizienz – Erklärung und Auswahl von Steuerungsansätzen für Produktions- und Logistiksysteme in Zeiten der Digitalisierung

Carsten Feldmann und Ralf Ziegenbein

Methoden zur Überwachung und Steuerung von Materialflüssen in einem Produktions- oder Logistiksystem sollen Ziele wie niedrige Kosten und kurze Durchlaufzeiten unterstützen. Die Steuerungsprinzipien der Lean Production zielen auf dezentrale, bedarfsorientierte Selbstorganisation der Prozesse, zum Beispiel in einem Kanban-Regelkreis. Die Ansätze der Industrie 4.0 setzen auf digitale Vernetzung von Maschinen, Produkten und Mitarbeitern sowie den Einsatz von Sensorik. Welcher Steuerungsansatz passt zu welchem Produktportfolio? Lassen sich die Ansätze kombinieren – schlank durch Digitalisierung? Das Crossroads-Modell erklärt anschaulich die Unterschiede der Steuerungsansätze und leitet konkrete Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis ab.

Wie sind die – in vielen Unternehmen noch nicht vollumfänglich implementierten – traditionellen Steuerungsansätze wie etwa Lean und die neuen digitalen Konzepte der Industrie 4.0 beziehungsweise der Smart Factory zusammenzuführen? Unternehmen müssen mehr und mehr abwägen, ob sie weiter traditionelle Konzepte einsetzen oder innovative Ansätze der Digitalisierung implementieren. Oder ist eine Integration dieser beiden Ansätze empfehlenswert? Das Crossroads-Modell bietet für diese Entscheidungen Orientierung. Hier soll zunächst ein grundlegendes Verständnis über Lean und Industrie 4.0 vermittelt werden. Nach einer Beschreibung der Modellbildung erklärt das Crossroads-Modell verschiedene Steuerungsansätze. Abschließend unterstützt ein daraus abgeleitetes Entscheidungsmodell die Anwendung in der Unternehmenspraxis.


Bild 1: Prozess der Modellbildung (eigene Darstellung in Anlehnung an [17]).

Schlanke Prinzipien versus digitale Konzepte in der Industrie: 
Eine Bestandsaufnahme

Auf Basis von Lean-Prinzipien soll mit weniger Input in Form von Arbeit, Material, Betriebsmitteln, Zeit und Raum mehr Output erzeugt werden, um die Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen [1, 2]. Dabei gelten der Fluss im Wertschöpfungsprozess sowie das Pull-System als wesentliche Elemente für eine bedarfssynchrone, effiziente Leistungserstellung. Alle Prozesse und Aktivitäten eines Unternehmens sind
aufeinander abzustimmen und kontinuierlich zu verbessern, um den Wert für den Kunden möglichst zu maximieren und Verschwendung zu eliminieren [2-4]. Lean fokussiert die Prinzipien Vereinfachung und Übertragung der Verantwortung auf die Mitarbeiter.
Industrie 4.0 verfolgt einen anderen Ansatz auf Basis der digitalen Transformation von Prozessen, innovativen Technologien und IT- gestützter Datenanalyse. Stark vereinfachend formuliert wird alles, was digitalisiert werden kann, digitalisiert – und alles, was vernetzt werden kann, wird auch vernetzt. Dies betrifft Menschen, Maschinen und Produkte gleichermaßen [5]. In einer Smart Factory steuern sich Produktion und Logistik dezentral selbst, indem Maschinen, Produkte bzw. Werkstücke und Mitarbeiter digital miteinander kommunizieren [6]. Wesentliche Bausteine neben der Vernetzung sind die Automatisierung und Autonomisierung von Prozessen sowie die durchgängige Entscheidungsunterstützung durch Assistenzsysteme [7]. Im Kern handelt es sich um selbststeuernde Prozesse, bei denen die Werkstücke ihre fertigungsrelevanten Informationen mit sich oder auf einem begleitenden Werkstück-Träger führen. Anhand dieser Informationen steuert sich das Werkstück bzw. Produkt autonom durch das Wertschöpfungssystem [8]. Technologische Säulen der Smart Factory sind Cyber-Physische Systeme und die Vernetzung von Maschinen, Werkstücken und Mitarbeitern über das Internet of Things. „Cyber-Physisches System (CPS)“ ist ein Oberbegriff für reale, physische Objekte und Prozesse, die mittels eingebetteter IT-Systeme digitalisiert und mit anderen digitalisierten, virtuellen Objekten und Prozessen verbunden werden [6, 8]. Über Sensorik registriert das CPS veränderte Umweltbedingungen und kann mithilfe eines Aktors eigenständig darauf reagieren, sodass sich autonome, dezentrale Steuerungs- und Regelungsprozesse realisieren lassen. Das Internet of Things (IoT) bezeichnet die Vernetzung digital identifizierbarer, physischer Objekte, die selbständig über das Internet oder andere Netzwerke kommunizieren und Daten austauschen. Dies ermöglicht die selbständige Erbringung einer Leistung im Verbund mehrerer Objekte wie beispielsweise Maschinen einer Fertigungslinie [9].
Gemeinsame Zielsetzungen von Lean und Industrie 4.0 sind die Steigerung der Produktivität und die Selbststeuerung von Prozessen [10]. Lean folgt dem Prinzip, Technologie nur als Mittel zum Zweck zur Steigerung des Werts für den Kunden und schlanke Prozesse einzusetzen. Demgegenüber stehen bei Industrie 4.0 technologische Innovationen zur Vernetzung und Prozessautomatisierung im Zentrum, um Smart Factories mit wirtschaftlicher Fertigung
der kundenindividuellen Losgröße 1 zu realisieren. Lean fokussiert einfache Lösungen, beispielsweise über visuelle Steuerung mit Ampelsystemen, und die Mitarbeiterkreativität zum Erarbeiten von Verbesserungen. Demgegenüber setzt Industrie 4.0 auf digitale Technologien bzw. Daten und nimmt damit die Erhöhung der Komplexität durch Digitalisierung und die „Entmenschlichung“ der Prozesse in Kauf.
Porter sieht eine neue „Ära von Lean“ aufgrund der Möglichkeiten der Digitalisierung [11]. Insbesondere der Datenaustausch zwischen dem Unternehmen und seinen Produkten beim Kunden eröffnet Potenziale für die Vermeidung von Verschwendung. Beispielsweise lassen sich Instandhaltungsmaßnahmen auf Basis einer prädiktiven Datenanalyse initiieren, um Ausfallzeiten zu reduzieren. Dies erfolgt erst bei realem Bedarf statt in festgelegten Zeitintervallen, die eventuell zu früh erfolgen und damit Verschwendung fördern.


Bild 2: Regeln auf Basis einfacher Heuristiken ohne technische Lösungen.

Stand der Forschung und  Forschungslücke

Die wenigen Veröffentlichungen zum Thema zeichnen sich im Hinblick auf Forschungsmethoden, empirische Datenbasis sowie Darstellung der Ergebnisse durch eine große Heterogenität aus. Vielfach werden nur einzelne Funktionsbereiche der Wertschöpfungskette isoliert untersucht oder Aussagen auf eine bestimmte Branche beschränkt [12]. Es werden Fallstudien dokumentiert, die aufgrund ihrer Unternehmensspezifität keine zulässige Induktion auf die Gesamtheit der Unternehmen erlauben [13]. Auch die Analyse einer ausgewählten Digitalisierungstechnologie wie etwa 3D-Druck im Hinblick auf Lean-Prinzipien erlaubt kaum Rückschlüsse für die aufgeworfenen Fragestellungen [14]. Neue Begriffe wie „Lean Digitization“ werden geprägt, um beispielsweise einen Werkzeugkasten von lose zusammenhängenden Methoden für eine schlanke Digitalisierung des Gesamtunternehmens vorzustellen [15]. Eine empirische Untersuchung konstatiert, dass schlanke Prozesse die Einführung digitaler Innovationen unterstützen und diese wiederum Möglichkeiten zur weiteren Optimierung der Prozesse bieten [16]. Allerdings sind die auf Basis von Korrelationen abgeleiteten Kausalitäten kritisch zu hinterfragen, nicht zuletzt aufgrund des begrenzten Stichprobenumfangs und der nur rudimentär dargestellten Forschungsmethodik.
In der Literatur findet sich kein Modell zur Erklärung und Auswahl von Steuerungsansätzen für Produktions- und Logistiksysteme im Spannungsfeld von Lean und Digitalisierung. Das Crossroads-Modell schließt diese Forschungslücke.


Bild 3: Statische Regeln mittels zentral gesteuerter technischer Lösungen (I).

Modellbildungsprozess

Modelle dienen dazu, Erkenntnisse über reale Sachverhalte zu erlangen. Aufgrund der in der Realität hohen Komplexität der Produktions- und Logistiksysteme sind im Modell nur die für die Problemstellung wesentlichen Merkmale abgebildet: Von anderen Elementen wird abstrahiert. Durch diese Vereinfachung werden die relevanten Aspekte für die Erklärung und Auswahl eines geeigneten Steuerungsansatzes ersichtlich. Damit dient das Crossroads-Modell als Referenz- und Entscheidungsmodell .
Bei der Modellentwicklung wurde der idealtypische Modellbildungsprozess in Bild 1 zugrunde gelegt, der sich in der anwendungsorientierten Forschung bewährt hat [17]. Dieser gewährleistet eine systematische Modellentwicklung über die Definition abgegrenzter Phasen mit spezifizierten Ergebnissen.
 


Bild 4: Dynamische Regeln mittels dezentral gesteuerter technischer Lösungen (II).

Das Crossroads-Modell als Referenzmodell zur Erklärung von Steuerungskonzepten

Die Steuerung der Material- und Informationsflüsse dient dem Erreichen betriebswirtschaftlicher Ziele wie etwa Kosten, Bestände, Durchlaufzeit und Flexibilität. Die Komplexität und Dynamik des Produktions- bzw. Logistiksystems und seiner Umwelt bestimmen die Eignung eines Steuerungsansatzes zum Erreichen dieser Ziele. Dabei ist die Wirtschaftlichkeit der Steuerung, das heißt das Verhältnis zwischen dem Wert des Steuerungsergebnisses und dem Ressourceneinsatz, sicherzustellen.
Das Crossroads-Modell zielt auf die Beschreibung, Erklärung und Gestaltung realer Produktions- und Logistiksysteme im Spannungsfeld zwischen Lean und digitalen Ansätzen der Industrie 4.0 ab. Als Referenzmodell ordnet es die Wahrnehmung des Beobachters und erklärt wesentliche Elemente verschiedener Steuerungsansätze für Materialflüsse. Es dient der Analyse und Verbesserung einer Ist-Situation. Das Modell weist einen niedrigen Grad an Spezifität auf, sodass es auf eine Vielzahl von Branchen und Wertschöpfungsstufen hinweg anwendbar ist.
Die Grundidee basiert auf der Verkehrsregelung einer Straßenkreuzung . Die charakteristischen Merkmale des Flusses an Verkehrsteilnehmern wie Kraftfahrzeugen und die Verkehrsregelung auf Basis von Regeln und Signalgebern wie Ampeln werden auf die Steuerung des Materialflusses in einem Wertschöpfungssystem übertragen. Die modellhaften Aussagen zur Entität „Verkehrsteilnehmer“ sind auf die Entitäten des Wertschöpfungssystems übertragbar, so etwa Bauteile oder Endprodukte. Die Analogie zur Alltagssituation der Verkehrsregelung ermöglicht eine anschauliche Erklärung.
Das Modell beschränkt sich nicht auf Steuerungsansätze auf Basis von Lean oder einer Smart Factory. Aufgrund historisch gewachsener Strukturen und Prozesse findet sich in der Unternehmenspraxis vielfach eine Mischung verschiedener Ansätze, sodass vier Steuerungsansätze vorgestellt werden:
I. Statische Regeln mittels zentral gesteuerter technischer Lösungen
II. Dynamische Regeln mittels dezentral gesteuerter technischer Lösungen
III. Lean-Prinzipien zur dezentralen Selbststeuerung der Entitäten
IV. „Digital Lean“: Lean-Prinzipien zur dezentralen Selbststeuerung der Entitäten in Kombination mit digitaler Vernetzung der Entitäten und Sensorik
Bild 2 stellt zunächst einen Überblick über die Steuerung auf Basis von Heuristiken ohne technische Lösungen dar, um die Grundidee des Crossroads-Modells zu erläutern.


Bild 5: Lean-Prinzipien zur dezentralen Selbststeuerung der Entitäten (III).

Die Durchsetzung statischer Regeln mittels zentral gesteuerter technischer Lösungen wie beispielsweise Ampeln stellt Bild 3 dar.
Der Steuerungsansatz II in Bild 4 illustriert die Steuerung auf Basis dynamischer Regeln, die über dezentral gesteuerte technische Lösungen umgesetzt werden. Im Gegensatz zu Ansatz I steuern die Ampeln den Verkehrsfluss bedarfsorientiert, indem das Eintreffen eines Fahrzeugs mittels Induktionsschleife identifiziert wird.
Einen alternativen Steuerungsansatz bieten die Lean-Prinzipien in Bild 5. Diese zielen auf die dezentrale, bedarfsorientierte Selbststeuerung wie zum Beispiel in einem Kanban-Regelkreis.
Demgegenüber basiert die Steuerung des Materialflusses in einer Smart Factory auf digitaler Vernetzung und Sensorik. Die dezentrale, autonome Selbststeuerung steht ebenso wie bei Lean vielfach im Fokus, sodass der digitale, wertstromorientierte Steuerungsansatz IV als „Digital Lean“ bezeichnet wird. Indem bewährte Lean-Konzepte mit neuen digitalen Ansätzen der Industrie 4.0 kombiniert werden, lässt sich der Wert für den Kunden weiter erhöhen und Verschwendung vermeiden. Beispielsweise lassen sich aufgrund der digitalen, echtzeitfähigen Vernetzung von Entwicklung, Beschaffung, Planung, Fertigung und Logistik in einer Smart Factory auch kurzfristige, kundenspezifische Änderungen dynamisch während der Produktion berücksichtigen [6].
Digital Lean bezeichnet die Fähigkeit eines Wertschöpfungssystems, digitale Technologien in einer Art und Weise einzusetzen, dass der Reifegrad der Lean-Prinzipien in den Leistungs- prozessen erhöht wird. Dadurch wird die Effizienz sowohl innerhalb der einzelnen Prozesse als auch zwischen den Prozessen gefördert.
Digitalisierte und vernetzte Betriebsmittel und Werkstücke ermöglichen über ein digitales Abbild im IT-System eine echtzeitnahe Überwachung der Prozesse. Auf Basis dieses sog. digitalen Zwillings lassen sich Prozesse dynamisch planen und steuern. Die digitale Steuerung der Prozesse in Echtzeit bietet ein hohes Potenzial zur Verschlankung [15]. Auf ungeplante Ereignisse wie den Ausfall einer Maschine kann schnell reagiert werden, beispielsweise über eine selbstständige, automatisierte Anpassung des Materialflusses unter Berücksichtigung aktueller Kapazitäten [6]. Die Erfassung von Sensordaten einer Fertigungsmaschine ermöglicht die prädiktive Ableitung von Instandhaltungsmaßnahmen, um ungeplante Stillstandszeit und damit Verschwendung zu vermeiden.
Neben den Möglichkeiten der digitalen Technologien sollte die Kreativität der Mitarbeiter beziehungsweise die Erfahrung des „menschlichen Informationssystems“ nicht ungenutzt bleiben, um Probleme zu lösen und Verbesserungen zu identifizieren [18]. Dafür ist die Ad-hoc-Vernetzbarkeit von Produkten, Maschinen und Mitarbeitern über mobile Assis
tenzsysteme sicherzustellen. Diese stellen den Mitarbeitern kontextsensitiv Informationen über Status und Leistung des Wertschöpfungssystems zur Verfügung, um die Prozesse weiter zu optimieren.
 


Bild 6: Digital Lean (IV).

Das Crossroads-Modell als Entscheidungsmodell zur Ableitung von Handlungsempfehlungen

Wie lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis ableiten? Als normatives Entscheidungsmodell strukturiert das Crossroads-Modell die Auswahl eines geeigneten Steuerungsansatzes und leitet Handlungsempfehlungen ab. Der Orientierungsrahmen in Bild 7 ermöglicht dem Entscheider, das Problem systematisch zu erfassen. Struktur und Transparenz des Entscheidungsfelds erhöhen die Qualität der Entscheidung.
Ein Entscheidungsmodell bildet den Bewertungsmaßstab und das Entscheidungsfeld ab. Der Bewertungsmaßstab umfasst die Ziele des Entscheiders. Da die Entscheidung für einen Steuerungsansatz mit einer Investition einhergeht, wird als Zielgröße die Wirtschaftlichkeit gewählt. Diese beschreibt die Beziehung zwischen dem Wert des Handlungsergebnisses und dem Mitteleinsatz. Das Entscheidungsfeld beschreibt die Menge der Handlungsalternativen und Umweltzustände. Handlungsalternativen sind die vier Steuerungsansätze des Crossroads-Modells. Die Zustände des Produktions- oder Logistiksystems werden als Matrix über die Dimensionen Komplexität und Dynamik abgebildet. Zu Operationalisierung der Komplexität dienen die Maßgrößen Produktvariantenvielfalt und Losgröße. Dabei wird zwischen den Ausprägungen „niedrige Produktvariantenvielfalt, kleine Losgrößen (low mix, low volume)“ versus „hohe Produktvariantenvielfalt, große Losgrößen (high mix, high volume)“ unterschieden. Die Höhe der Dynamik wird über die Veränderungen von Produktvarianten-Mix und Ausbringungsmenge im Zeitablauf gemessen. Zur Operationalisierung der Dynamik kann der Variationskoeffizient als Maßgröße für die Vorhersagbarkeit von Veränderungen dienen. Dieses Maß für die relative Streuung der Nachfrage einer Produktvariante berechnet sich aus dem Verhältnis von Standardabweichung und Mittelwert.
Die Handlungsempfehlung für einen Steuerungsansatz resultiert aus der Verknüpfung der durch Komplexität und Dynamik beschriebenen Merkmale des betrachteten Produktions- bzw. Logistiksystems.


Bild 7: Das Crossroads-Modell zur Ableitung von Handlungsempfehlungen.

Fazit und Ausblick

Das Crossroads-Modell erklärt verschiedene Ansätze für die Steuerung von Materialflüssen und leitet konkrete Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis ab. Dabei lautet die Frage nicht „Lean oder Digitalisierung?“. Vielmehr ist eine Antwort darauf zu finden, wie sich Lean und Digitalisierung zum Erreichen betriebswirtschaftlicher Ziele intelligent kombinieren lassen. Der Begriff „Digital Lean“ bezeichnet dabei die Fähigkeit eines Wertschöpfungssystems,
digitale Technologien in einer Art und Weise einzusetzen, dass der Reifegrad der Lean-Prinzipien in den Geschäftsprozessen erhöht wird. Zunächst sind die Prozesse auf Basis von Lean-Prinzipien schlank zu gestalten. Danach sind die Entitäten der Prozesse mit digitalen Technologien zu vernetzen, um weitere Potenziale zum Verschwendungsabbau zu heben, insbesondere mittels Datenanalyse zur kontinuierlichen Prozessoptimierung. Die Anforderungen der Prozesse an die Technologien als Mittel zum Zweck des Erreichens der Prozessziele resultieren aus dynamischen Umweltveränderungen wie etwa Marktanforderungen. Daher ist dieses Vorgehen periodisch zu wiederholen, um die aktuell verfügbaren Technologien iterativ auf die Prozessanforderungen auszurichten. Es gilt nicht pauschal „je digitaler, desto besser“, um dem Hype der digitalen Transformation zu folgen. Vielmehr sind innovative digitale Technologien gezielt zur weiteren Verschlankung von Prozessen einzusetzen. Dabei sind im Wertschöpfungsprozess nicht nur Maschinen und IT, sondern ebenso Menschen intelligent miteinander zu verknüpfen.
Verschiedene Weiterentwicklungen des Modells bieten Ansatzpunkte für weitere Forschung: Lükken in der Methodik lassen sich schließen, neue Konzepte und branchenspezifische Anforderungen können ergänzt werden. Das Modell ist im Hinblick auf den Beitrag zur Problemlösung in der Praxis zu überprüfen. Für die Anwendung im Unternehmen kann der Fokus auf einen Prozessbereich gelegt und dort vertieft werden. Andere Zieldimensionen können integriert werden, beispielsweise ökologische Aspekte oder Informationskosten.

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Schlüsselwörter:

Lean Management, Lean Production, Industrie 4.0, Smart Factory, Digitale Transformation, Digitalisierung, Cyber-Physische Systeme, Internet of Things, Materialflusssteuerung

Literatur:

[1]  Ohno, T.: Das Toyota-Produktionssystem: Das Standardwerk zur Lean Production, 3. Auflage. Frankfurt am Main New York 2013.
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[5]  Heise online: Telekom-Chef: „Alles wird vernetzt“. URL: https://www.heise.de/newstikker/meldung/Telekom-ChefAlles-wird-vernetzt-.... html, Abrufdatum 07.02.2018.
[6]  Arbeitskreis Industrie 4.0: Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 – Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0. 2013.
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[8]  Vogel-Heuser, B.; Bauernhansel, T.; ten Hompel, M.: Handbuch Industrie 4.0 Bd. 1: Produktion. Wiesbaden 2017.
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[11] Porter, M. E.; Heppelmann, J. E.: How Smart, Connected Products Are Transforming Companies. In: Harvard Business Review 93 10 (2015) 10, S. 97-114.
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[13] Soder, J.: Use Case Production – Von CIM über Lean Production zu Industrie 4.0. In: VogelHeuser, B.; Bauernhansel, T.; ten Hompel, M. (Hrsg): Handbuch Industrie 4.0 Bd. 1 – Produktion. Berlin 2016, S. 3-26.
[14] Feldmann, C.; Gorj, A.: 3DDruck und Lean Production – Schlanke Produktionssysteme mit additiver Fertigung. Wiesbaden 2017.
[15] Weinreich, U.: Lean Digitization – Digitale Transformation durch agiles Management. Berlin Heidelberg 2016.
[16] Ketteler, D.; König, C.: Lean 4.0 – Schlank durch Digitalisierung. BearingPointStudie. URL: https://www.bearingpoint.com/de-de/unsere-expertise/insights/lean40-schl..., Abrufdatum 06.02.2018.
[17] Adam, D.: Planung und Entscheidung. Modelle – Ziele – Methoden; mit Fallstudien und Lösungen, 4. Auflage. Wiesbaden 1996.
[18] Emiliani, B.: Digital Transformation & Lean Transformation. URL: http://www.bobemiliani.com/digital-transformationlean-transformation, Abrufdatum 06.02.2018.

 

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